English Summary
I have already startet to write a book about my life with ALS and ask you for support. If you want to know more about my story, please see my PowerPointPresentation in English: http://open-forum.de/events/ANGELA-Turin.pdf
Ich bin nicht krank, ich kann mich nur nicht bewegen!
Seit 1994 lebe ich mit der Diagnose ALS – Amyotrophe Lateralsklerose. ALS ist eine Erkrankung des Motorischen Nervensystems, die innerhalb weniger Jahre zu einer fortschreitenden Lähmung der Extremitäten sowie einer Störung bis hin zur Lähmung des Sprechens, Schluckens und der Atmung führt. Erste Symptome der Krankheit zeigten sich 1994 – da war ich 39 Jahre alt, allein erziehende Mutter von zwei Kindern und wollte gerade in eine neue Berufskarriere durchstarten, als unerklärliche Lähmungserscheinungen mich aus meinem bisherigen Leben herauskatapultieren. Es begann eine Odyssee zu den verschiedensten Ärzten – am Ende stand die Diagnose ALS. Seit 1998 bin ich fast vollständig gelähmt und werde über eine Magensonde natürlich ernährt und künstlich beatmet.
Sechs Jahre lang war ich im dritten Stock meiner Berliner Altbauwohnung ans Bett gefesselt. Lange Zeit auch ohne das Kommunikationshilfsmittel „EyeGaze“, ein Sprachcomputer, der es mir ermöglicht, meine Gedanken und Gefühle mitzuteilen: Ich bediene quasi mit meinen Augen eine Tastatur, eine Laserkamera zeichnet meine Augenbewegungen auf und auf einem Bildschirm erscheinen Worte und Sätze, die auch über einen Lautsprecher hörbar gemacht werden können.
Davor musste ich mich nur mit einer Buchstabentafel verständigen, wo ich einzelne Buchstaben oder Silben nach deren Häufigkeit so zusammen gestellt hatte, dass eine helfende Person, diese antippen und ich mit einem zustimmenden Augenblinzeln bestätigen konnte, dass ich diesen Buchstaben meinte.
Premiere im Theater
Am 17. November 2004 wurde in der Volksbühne am Rosa Luxemburg Platz in Berlin die Premiere von Christoph Schlingensiefs Stück „A. Hipler, Kunst & Gemüse“ gefeiert. Als Mitautorin des Theaterstückes lenkte und kommentierte ich die Ereignisse auf der Bühne mit Hilfe einer Laserkamera, die einen Computer animierte. Kein Außenstehender hätte es mir zugetraut mit ALS im finalen Stadium, sabbernd, unfähig Arme, Beine oder den Kopf zu bewegen, mit PEG (Magensonde) und beatmet, ich würde an Christophs Schlingensiefs Seite Theater spielen. Niemand hat es geglaubt, dass ich auch noch alles daran setzen würde, zusammen mit der Volksbühnen Crew 'unser Stück' in Paris aufzuführen. Und nachdem mein Flug dorthin der deutschen Bürokratie zum Opfer fiel, nahm ich halt den Nachtzug. Auf dieser Reise wurden wir von einem Kamerateam begleitet und Björn Thönicke hat aus dem Material einen Film geschnitten, der mit dem Titel „Mit den Augen tanzen“ erstmals 2006 einem breiten Fernsehpublikum vorgestellt wurde.
Ich möchte Menschen begreiflich machen, dass ein Leben mit ALS möglich ist. Ein Leben – nicht nur ein Überleben - ist möglich, wenn eine 24 Stundenpflege im eigenen Zuhause garantiert werden kann und sich die Gesellschaft für den Gedanken öffnet, dass auch schwer behinderte Menschen ihr Leben selbst gestalten wollen und können.
Die fortgeschrittene Technik in der Medizin erlaubt es heutzutage auch Menschen, deren physische Körper fast vollständig gelähmt sind, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Denn ihr Gehirn und ihr Geist sind völlig funktionsfähig und die ausgereifte medizinische Technik ermöglicht ihnen das auch zu kommunizieren. Ein Beispiel dafür ist der weltbekannte Physiker Steven Hawking, der seit seiner Studienzeit an der progressiv fortschreitenden Krankheit ALS leidet und bis heute an Universitäten lehrt und viel beachtete Fachbücher über die Funktionsweise des Universums geschrieben hat. Forschungen haben auch gezeigt, dass Patienten, die an ALS oder einem Locked-In-Syndrom leiden, durchaus ein positives Lebensgefühl haben, das oft sogar größer ist als das von gesunden Menschen.
Das große Problem ist aber, dass unsere Gesellschaft, deren Pflegeeinrichtungen und damit auch das Pflegepersonal auf Menschen, die ihr Leben trotz vollständiger Lähmung und künstlicher Beatmung selbst bestimmen wollen, nicht eingestellt sind. Die bisherige Erfahrung war eben, dass Patienten in diesem Zustand nicht kommunizieren und folglich auch nicht an einem „normalen“ Leben teilnehmen könnten. Auch wenn einige von ihnen, nicht stationär untergebracht sind, sondern wie ich mit einer 24 Stunden Pflege in ihrem häuslichen Umfeld betreut werden, ist die vorherrschende Einstellung doch, dass ein solches Leben nicht lebenswert sei, eine Zumutung für die betroffene Person und eine Belastung für ihre Familie.
Niemand ist darauf eingestellt, am wenigsten das betreuende Personal, dass schwer behinderte Personen das Haus verlassen, Ausflüge machen oder sogar an einen exotischen Ort verreisen wollen. Ich will Menschen durch mein Beispiel ermutigen und zeigen, was alles möglich ist, wenn man wirklich will und von der Gesellschaft die Unterstützung erhält, die dafür notwendig ist.
http://www.oya-online.de/article/read/263-ich_bin_nicht_krank_ich_kann_mich_nur_nicht_bewegen.html
Der Verein ALS-Mobil e.V.
http://www.als-mobil.de/
Deshalb habe ich zusammen mit anderen Betroffenen und Freunden den Berliner Verein „ALS-Mobil“ gegründet, um uns gegenseitig zu stützen. Dabei geht es uns vor allem um die psychosoziale Beratung und die Unterstützung der Mobilität von ALS Betroffenen. Reisen ist schwierig, aber möglich, wie ich mit meiner Reise im Nachtzug nach Paris gezeigt habe. Ich fahre auch in öffentlichen Bussen zur langen Nacht der Wissenschaften in Berlin, wo ich regelmäßig Vorträge halte und fuhr im überfüllten ICE nach Bonn zu Theaterproben der von Christoph Schlingensief inszenierten Oper „Freax“. Ich stand auch schon mit meinem Rolli neben den Fahrrädern im Regionalexpress nach Rostock, wo ich dieses Jahr mehrere Wochen in einem Wohncontainer vor der Kunsthalle Rostock mein Domizil aufgeschlagen hatte. Dort zeigte ich, dass es sogar möglich ist, „mit Gedanken“ Bilder zu malen. Die Ausstellung „Pingo Ergo Sum“ von Adi Hösle zeigte, wie mit der Entwicklung von Brain Computer Interfaces ganz neue Wege der Bildgestaltung möglich sind.
http://www.oya-online.de/article/read/633-ich_male_also_bin_ich.html
„Pingo Ergo Sum“ von Adi Hoesle in der Rostocker Kunsthalle
http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video1083090.html
Es gibt mittlerweile einige von ALS Betroffene, die in Büchern ihr Schicksal beschrieben haben. Viele erinnern sicherlich den Film „Schmetterling und Taucherglocke“, in dem das Schicksal von Jean-Dominique Bauby beschrieben wird. Der Chefredakteur der französischen Ausgabe der Zeitschrift „ELLE“ war nach einem Schlaganfall in ein Koma gefallen und nach seinem Erwachen befand er sich in einem so genannten „Locked-In-Syndrom“, dessen Symptome der ALS ähneln, auch wenn sie andere Ursachen haben. Er schrieb ein anrührendes Buch mit seinem linken Augenlid, indem seine Logopädin ihm die Buchstaben vorlas und er mit dem Auge zwinkerte, sobald der richtige Buchstabe genannt wurde.
Bücher und Filme von Menschen, die wie ich körperlich schwerst eingeschränkt sind, kann es gar nicht genug geben. Im Moment reden alle Politiker von Inklusion, doch die wenigsten Menschen wissen, was das für den konkreten Alltag für die in ihren Aktivitäten eingeschränkten Menschen wirklich bedeutet. Das möchte ich in meinem Buch beschreiben.
Mir ist es wichtig, dass Menschen verstehen, das wir in unseren körperlichen Möglichkeiten eingeschränkten die gleichen Menschenrechte zustehen wie allen anderen. Leider erlebe ich es in meinem Alltag ganz anders. Mördern und Vergewaltigern steht unter anderen Vergünstigungen der Hofgang zweimal täglich zu, während mir dieser gleich ganz verwehrt wird. Ich werde mutwillig in Isolationshaft gezwungen und sehe für meinen Fall den Tatbestand der Freiheitsberaubung als erfüllt an. Keinen schert das wirklich, ob und wie sehr ich darunter leide, nicht in die Sonne schauen zu können. Alle um mich herum riechen den Frühling, gehen grillen, spüren Regen im Gesicht oder bestaunen das erste Schneekristall auf dem Ärmel. Keinen kümmert es, wie meine Psyche die jahrelange Isolationshaft verkraftet. Ich hatte das Glück, dass Christoph Schlingensief mich und die Krankheit ALS mit seinem Theaterstück ins Licht der Öffentlichkeit und damit für mich eine Menge Dinge ins Rollen brachte. Für meinen Alltag mit den ewig gleichen Einschränkungen durch die katastrophale Pflegesituation in Deutschland hat sich dadurch leider nichts verändert.
Ich soll schicklich im Bett liegen, keine Arbeit verursachen. Noch erlaubt man mir zu atmen, zu verdauen und fernzusehen. Von mir wird erwartet, stillschweigend hinzunehmen, wenn wegen Weihnacht meine Eingaben nicht bearbeitet werden, dann ist Ostern, dann Sommerferien, Urlaub, jemand erkrankt und –hups– schon wieder ist Weihnachten, Ostern ist auch wieder vorbei …
Ich habe jedoch immer noch Träume. Auf meiner To-Do-Liste sind: Heli fliegen, mit Delfinen schwimmen, wieder die Bewegung eines Pferdes spüren, mir Wien, Zürich, Australien,Amerika und Rügen anschauen, nicht abgehakt.
Ich freue mich über Eure Unterstützung!
Mein Anliegen war von dem Moment an, als ich selbst aus meinem ´Loch´ herauskam, anderen mitzuteilen, dass man auch mit ALS leben (LEBEN!) kann. Vorausgesetzt man will.Ich jedenfalls will. Ich habe die Gabe (dank an wen auch immer) recht amüsant schreiben zu können. Ich möchte mit meinem Buch Angst nehmen – Spitzen abrunden – den Blick trotz ALS nach vorn zu richten – einfach sagen: wer vorher lebensfroh war, kann's auch mit ALS, wer vorher leben wollte kann's auch mit. Und wenn Stephen Hawking unterrichten kann, muss niemand mit ALS dahinsiechen! Also den faulen Popo geschwungen! Ich finde ALS ist keine Ausrede für Faulheit. Klar- jedem seinen Depri. Aber jeden Morgen geht die Sonne auf!
Mit Eurer Spende möchte ich das Lektorat und den Druck meines Buches ermöglichen. Ihr unterstützt mich auch, wenn Ihr meine Geschichte, die exemplarisch für viele andere steht, anderen zugänglich macht. Vielen Dank!!
Bei Problemen mit PayPal, hier das direkte Spendenkonto des gemeinnützigen Vereins: ALS-Mobil e.V / Deutsche Bank Berlin / BLZ: 10070024 / Kto: 0298018 / Betr.: Phoenix aus der Asche (Bitte für Spendenquittungen auch Ihre Email-Adresse im Betreff vermerken).